DPolG News
Antrag auf Weihnachtsgeld 2022 jetzt stellen?
- Foto: DPolG Schleswig-Holstein Es ist eher Ruhe und Gelassenheit angebracht
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,
in den letzten Wochen haben sich die Gewerkschaften sehr intensiv
mit den Neuregelungen zur Beamtenalimentation beschäftigt. Die alte Rechtslage (bis 2021) wird mutmaßlich 2023 vom Bundesverfassungsgericht begutachtet. Im Falle der Feststellung, dass die Besoldungsgesetzgebung als zumindest in Teilen als verfassungswidrig beurteilt wird gibt es eine Zusicherung der Landesregierung, dass es in den relevanten Fällen für den Zeitraum von 2007 bis 2021 ggf auch Nachzahlungen geben wird. In welchem Umfang dass der Fall sein könnte ist ausgesprochen spekulativ.
Nun hat die Landesregierung aus den bisherigen Erkenntnissen von höchstrichterlicher Rechtsprechung die Besoldungsgesetzgebung angepasst. Ob die Anpassung der Gesetzgebung ausreicht, um (gerade noch) die Hürde des verfassungsmäßigen Anspruchs auf amtsangemessene Alimentation zu gewährleisten oder ob auch der neue Gesetzentwurf dieses Ziel verfehlt ist im Moment Gegenstand völlig unterschiedlicher Bewertungen. Unser Dachverband, der dbb, hat sich entschlossen, auch die neue Besoldungsgesetzgebung verfassungsrechtlich prüfen zu lassen, weil man Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Besoldung hat. Hierzu werden erneut Musterverfahren mit unterschiedlichen Fallgruppen angestrengt.
Leider zeigt sich, dass das Land Schleswig- Holstein als unser Arbeitgeber nunmehr mit schmutzigen Tricks arbeitet. Die bisher übliche und sinnvolle Ruhendstellung von Anträgen bis zur rechtlichen Klärung soll für das Jahr 2022 ff nicht mehr garantiert werden. Heißt, selbst wenn die Besoldung zu einem späteren Zeitpunkt vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig beurteilt würde gäbe es keinen Automatismus ab 2022 mehr, dass nachgezahlt wird. Das ist aus Sicht der DPolG ein einigermaßen schändliches Vorgehen den eigenen Leuten gegenüber. Bliebe auch die Frage, ob solch ein Vorgehen politisch durchzuhalten wäre.
Bewusst und gewollt bringt das Land Schleswig- Holstein seine Beamtinnen und Beamten, die sonst gerne als Leistungsträger und Rückgrat bezeichnet werden, in eine unangenehme Zwickmühle. Wer also auf Nummer sicher gehen will wird gezwungen gegen seinen eigenen öffentlichen Arbeitgeber Klage vor dem Verwaltungsgericht einzulegen. Vorgeschaltet würde ein formloser schriftlicher Widerspruch gegen die Besoldung 2022, welcher mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit einem Formbrief abgelehnt wird. Dann wäre man selbst wieder am Zug und müsste gegen die Ablehnung Klage einreichen, die mit nicht ganz unerheblichen Kosten verbunden ist.
Dieses Vorgehen wird aktuell von einigen Verbänden sehr aktiv beworben. Die Frist ist, insbesondere durch die Kurzfristigkeit der Entscheidung der Landesregierung, auch sehr kurz, denn das Jahr endet in wenigen Tagen. Eigentlich hatten wir die Erwartung, dass sich das Land Schleswig- Holstein als fairer Arbeitgeber verhält. Dieses Vorgehen erinnert an schmutzige Tricks aus früheren Zeiten, in denen knallharte Spardogmen gegen die eigenen Beschäftigten durchgesetzt wurden, egal ob diese verfassungskonform waren oder nicht. Wir hoffen, dass die Finanzministerin sich eines Besseren besinnt. Denn wenn man sich im Finanzministerium sicher ist, dass die neuen Besoldungsregeln verfassungskonform sind, dann hat man nichts zu befürchten. So scheint es, man sei sich selbst nicht sicher und will etwaige Nachzahlungen durch einen bürokratischen Trick begrenzen.
So, was tun? Wer heute Widerspruch einlegt muss sich im Klaren sein, dass er/ sie in wenigen Wochen vor der Frage steht, ob er/ sie bereit ist, Klage vor dem Verwaltungsgericht einzulegen und hierfür auch finanziell mit ein paar hundert Euro einzutreten. Wie hoch etwaige Erfolgsaussichten einzuschätzen sind, ist völlig unklar. Das mag von Besoldungsstufe zu Besoldungsstufe anders aussehen und auch die Anzahl der Kinder dürfte eine Rolle spielen. Am Ende gleicht die Frage einem Glücksspiel. Ehrlicherweise ähnelt die Situation der vor einigen Jahren, als das Thema der so genannten altersdiskriminierenden Besoldung in einem ähnlichen Verfahren sogar vor der Europäischen Gerichtshof landete. Trotz eigentlich guter Erfolgsaussichten wurde das im Urteil fast zu einer Nullnummer und ein gewerkschaftlicher Mitbewerber musste seinen Mitgliedern, die er in die Klage geschnackt hatte, in erheblichem Umfang Gerichtsgebühren zurückerstatten.
In der DPolG setzen wir aktuell darauf, dass der dbb als unser Dachverband die Finanzministerin und die Landesregierung noch umstimmt und beide Seiten ganz in Ruhe die rechtlichen Verfahren in ihrer Langwierigkeit und Komplexität abwarten. Urteilt das Bundesverfassungsgericht noch 2023 zu den Altfällen ergeben sich wahrscheinlich klarere Kriterien, in welchen Fallkonstellationen (Besoldungsstufe, Familienstand, Kinder) ernsthafte Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der neuen Besoldungsgesetzgebung vorhanden sind.
Aus Sicht der DPolG ist im Moment eher Ruhe und Gelassenheit angesagt. Die Wahrscheinlichkeit, dass über alle Besoldungsgruppen hinweg Nachzahlungen anstehen, ist nach allen Erfahrungen ähnlicher Verfahren nicht sehr hoch. Insofern sind die im Moment kursierenden Aufforderungen von Gruppierungen, schnell tätig zu werden, einerseits nachvollziehbar, andererseits könnten wieder einmal Erwartungen geweckt werden, die dann enttäuscht werden.
Der dbb wird in dieser Sache weiter hart verhandeln und die Kollegenschaft informieren.
Torsten Gronau
Landesvorsitzender